Arbeit statt Almosen
Mit dem Aufruf »Es ist an der Zeit, Tacheles zu reden!« startete im Frühjahr 2020 während der ersten Corona-Pandemiewelle die Aktion »Arbeit statt Almosen«.
20 Autorinnen beschlossen, ihre Stimmen in den kulturpolitischen Diskurs zu mischen und ein Zeichen für Solidarität zu setzen – den Missständen in der Branche und der prekären Situation für Künstler*innen zum Trotz.
Die Situation
Schockstarre in der Literaturbranche: Buchmessen und Festivals wurden abgesagt, die Herbstprogramme in den Verlagen gestrichen, Lesungen storniert oder mit wenig bis keinem Honorar in den virtuellen Raum verlegt. Unterstützung gab es keine und wenn, war sie an alles andere als hilfreiche Bedingungen geknüpft und derart, dass sie langfristig keine Perspektive schaffen konnte. Für alle Kreativschaffenden und die dranhängenden Gewerke eine Katastrophe, die da erst ihren Anfang nahm. Viele standen bald vor dem wirtschaftlichen Aus – und die Kulturpolitik schlief.
Das Thema
Keine*r möchte auf Almosen angewiesen sein. Die 20 Autorinnen der Aktion »Arbeit statt Almosen« wollten arbeiten und das zu fairen Konditionen – und überleben. Also schlossen sie sich zusammen, um auf die ohnehin misslichen Zustände im Literaturbetrieb hinzuweisen, die sich durch die Auswirkungen der Pandemie unübersehbar präsentierten: Die Lebens- und Arbeitssituationen der Literaturschaffenden sehen oftmals mehr als bescheiden aus.
›5 vor 12‹ war es in der literarischen Landschaft Österreichs lange schon. Das Ringen ums Auskommen und der Kampf um die wenigen begehrten Verlagsplätze und Stipendien verhindert eine offene und konstruktive Debattenkultur. Abhängigkeiten entstehen, ›Vetternwirtschaft‹ feiert feiste Feste, Konkurrenzdenken etabliert sich. Gender Gap, Auflagenhöhe, Tantiemen, Gefälligkeit als Standard, schleichende Digitalisierung, altbackene Hierarchien, retrospektives Gejammer, mangelnde Motivation – all diese Aspekte, die den österreichischen Markt großteils immer noch kennzeichnen (die wenigen Ausnahmen seien gefeiert).
Unsere Autorinnen wollten ein Hoffnungszeichen setzen – für mehr Solidarität und ganzheitliches, gemeinschaftliches Denken.
Das Projekt
Auf Initiative der Literatin Marlen Schachinger wurde eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, deren Erfolg die Finanzierung das multimediale Projekt ermöglichte. So entstanden ein Dokumentarfilm zur kulturpolitischen Thematik des Projekts, die Anthologie »Fragmente: Die Zeit danach« sowie ein Hörbuch - wertvolle Zeitdokumente aus den Stimmen diverser Wortkünstlerinnen, die der Krise lieber drei Schritte voraus sein wollten.
Lesungen, Debatten, Filmvorführungen folgten, der Diskurs war eröffnet.
Zur Crowdfunding-Kampagne.
Das Buch
20 Autorinnen denken weiter und erzählen von der Zeit danach: Was kommt nach der Krise?
Dabei geht es nicht nur um Covid-19. Krisen gibt mehr als genug, persönliche, wirtschaftliche, politische, gesellschaftliche. All diese Situationen können inspirierend wirken. In Wort und Schrift gefasst werden sie zu Geschichten, die andere wiederum anregen, aufregen, ärgern, ängstigen, frappieren, ermutigen, nachdenklich stimmen. Fragmente einer Gedankenwelt.
Hier mehr zum Buch »Fragmente: Die Zeit danach«
Der Film
Während der Arbeit an dem Film »Arbeit statt Almosen« reisten die Initiatoren über zahlreiche Stationen in Wien, via oberösterreichisches Eferding nach Linz und Wels, weiter nach Innsbruck, Hall in Tirol und final nach Berlin, um die Kolleginnen zu interviewen. Die Gespräche waren frustrierend und inspirierend zugleich, denn an kreativen Ideen mangelt es wahrlich nicht.
Das Wort ›Lebenskünstler*in‹ kommt in den Sinn – das muss man sein, will man zu diesen Konditionen und dennoch gemäß den eigenen Werten Geistvollen wirken.
Die Wortmeldungen skizzieren in unserem Dokumentarfilm »Arbeit statt Almosen« nicht nur die Situation aus Sicht der Autorinnen, sondern auch mögliche Auswege.
Mit Corinna Antelmann, Judith Auer, Katharina Goetze, Andrea Grill, Elisabeth R. Hager, Silvia Hlavin, Rebecca Heinrich, Marianne Jungmaier, Julia D. Krammer, Ursula Laudacher, Melamar, Cordula Nossek, Karin Peschka, Marlen Schachinger, Sara Milena Schachinger, Siljarosa Schletterer, Angelika Stallhofer, Katharina Tiwald und Renate Welsh.